Lexikon Barrierefreiheit

Definition Barrierefreiheit bei Webseiten, Online-Shops

Barrierefreiheit im Web hat als Ziel, Webinhalte und -ressourcen so zu gestalten, dass sie ohne zusätzliche Installation oder technische Einschränkung für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind.

Der barrierefreie Zugang zum Internet ist wichtig, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Diensten im Internet haben. Webseiten-Besucher sollten unabhängig von technischen Barrieren und persönlichen Einschränkungen alle Inhalte lesen und die Interaktionsmöglichkeiten der Webseite nutzen können.

Inhaltsübersicht

Barriereifreiheit Webseiten von Unternehmen

In Deutschland regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ab 28. Juni 2025 unter anderem, welche digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein müssen.

Dieses Bundesgesetz heißt mit vollem Namen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze.

Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70), kurz European Accessibility Act (EAA).

Für die Kriterien zu Barrierefreiheit im Sinne des BFSG verweist die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) auf „harmonisierte Normen“ (vgl. § 4 BFSG) und auf „technische Spezifikationen“ (im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 d BFSGV, vgl. auch § 2 Nummer 20 BFSG).


In Bezug auf digitale Barrierefreiheit ist das die Europäische Norm EN 301 549, welche in Abschnitt 9 („Web“) auf die Anforderungen der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) in den Stufen A + AA verweist. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortiums (W3C) sind eine umfangreiche Sammlung von internationalen Standards zur barrierefreien Gestaltung unter anderem von Webinhalten. Diese gliedern sich in Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.

👉🏼 Das BFSG macht damit die Einhaltung der WCAG mit den Stufen A + AA zur Pflicht.

Online-Prüfung BFSG Check

Der BFSG Check ist ein Test, welcher die wesentlichen Kriterien des Anwendungsbereiches in vereinfachter Form überprüft. Erklärungsbedürftige und unbestimmte Rechtsbegriffe werden für eine bessere Verständlichkeit vereinfacht und reduziert.
Rechtlich verbindlich kann das Ergebnis des Selbsttests daher nicht sein.

  1. § 1 Abs. 3 BFSG regelt den Dienstleistungsbereich.
  2. Nach § 1 Abs. 3 BFSG greift das BFSG im Dienstleistungsbereich (inkl. Online-Shops, siehe folgende Fußnote) nur gegenüber Verbrauchern im Sinne von § 13 BGB. Dazu muss klar und eindeutig ersichtlich sein, dass Verbraucher (B2C, D2C) ausgeschlossen sind, sich das Angebot nur an Unternehmen im Sinne von § 14 BGB richtet.
  3. § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG spricht von Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Das ist in § 2 Nr. 26 BFSG definiert und erfasst auf jeden Fall alle Webseiten, Online-Shops, Apps, über die direkt online ein Vertrag (Kauf, Buchung, etc.) zustande kommen kann.
  4. § 2 Nr. 26 BFSG erweitert Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG auch auf elektronische Dienstleistungen, die auf individuelle Anfrage eines Verbrauchers im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrags (elektronisch) erbracht werden, wie Terminreservierungen. Die Abgrenzung kann durch den weiten Wortlaut im Einzelfall schwierig werden. Jede geschäftliche B2C-Webseite mit digitalen Buchungsfunktionen für eine individuelle, konkrete Anfrage dürfte diese Kriterien erfüllen. Rein informative Webseiten mit nur allgemeinen Kontaktdaten dürften dagegen nicht ausreichen.
  5. § 3 Abs. 3 S. 1 BFSG in Verbindung mit § 2 Nr. 17 BFSG schließt im sogenannten Dienstleistungsbereich inkl. „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ wie Onlineshops (nicht für die Produkte selbst) Kleinstunternehmen aus. Das sind die Kriterien für die Einstufung als Kleinstunternehmen. Die Berechnung der Mitarbeiterzahl richtet sich vereinfacht nach sogenannten Jahresarbeitseinheiten.
  6. Es gibt noch einige Ausnahmen wie für Webseiten, die als unveränderbare Archive gelten oder Bereiche bei Karten-Diensten nach § 1 Abs. 4 BFSG. Auch könnte teilweise eine unverhältnismäßige Belastung nach § 17 BFSG mit Anlage 4 BFSG ausnahmsweise in Betracht kommen. Dazu gelten für wenige, spezifische Dienstleistungen und Produkte auch längere Fristen, vgl. § 38 BFSG.
  7. § 1 Abs. 2 BFSG listet spezifische Produktarten auf, die unter das BFSG fallen. Das sind vereinfacht Produkte mit einem interaktiven Display.
  8. § 1 Abs. 3 Nr. 4 BFSG betrifft E-Books und hierfür bestimmte Software.
  9. § 1 Abs. 3 Nr. 3 BFSG umfasst Bankdienstleistungen für Verbraucher. Der Verbraucherhinweis ist übrigens teleologisch überflüssig.
  10. § 1 Abs. 3 Nr. 1 BFSG.
  11. § 1 Abs. 3 Nr. 2 BFSG umfasst Webanwendungen, elektronische Tickets, Reiseinformationen und Selbstbedienungsterminals von Personenbeförderungsdiensten. Lokale städtische, kommunale Anbieter sind teilweise ausgenommen.
  12. § 1 Abs. 2 Nr. 5 BFSG.
  13. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BFSG spricht von Hardwaresysteme(n) für Universalrechner für Verbraucher einschließlich der für diese Hardwaresysteme bestimmte Betriebssysteme.
  14. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BFSG spezifiziert Selbstbedienungsterminals weiter, wie für Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten.
  15. § 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 BFSG spricht von Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang für Telekommunikationsdienste oder für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten.

Version 1.3, Stand: 22.01.2025

Barriereifreiheit Webseiten öffentlicher Stellen

Öffentliche Stellen des Bundes und der Länder wie Städte, Gemeinden muss gesetzlich auch barrierefrei sein. Im Kern regeln das Landesgesetze. In Bayern beispielsweise seit 1. August 2023 die Bayerische Digitalverordnung (BayDiV), zuvor die Bayerische E-Government-Verordnung (BayEGovV). Diese Landesgesetze verweisen für die Anforderungen der Barrierefreiheit auf § 3 Abs. 1 bis 4 und § 4 der BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) 2.0, die auf der Grundlage von § 12d BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) erlassen wurde.
Die BITV 2.0 verweist im Kern auf die Anforderungen der EN 301 549 (3.2.1). Diese Europäische Norm verweist in Abschnitt 9 („Web“) auf die Anforderungen der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) in den Stufen A + AA. Darüber hinaus werden für zentrale Navigations- und Einstiegsangebote sowie Formulare und andere interaktive Prozesse höhere Anforderungen (entspricht dann AAA) gefordert. So müssen auf der Startseite Informationen zu den wesentlichen Inhalten und Hinweise zur Navigation in Gebärdensprache und in leichter Sprache verfügbar sein. Ausgenommen sind Gemeinden, Gemeindeverbände und Landratsämter. Dazu ist eine Seite mit Erklärung zur Barrierefreiheit anzulegen, die wie das Impressum von jeder Seite erreichbar sein muss. Diese ist jährlich und bei größeren Änderungen zu aktualisieren und muss auch Kontaktoption für Feedback anbieten.

👉🏼 Die BITV macht daher die Einhaltung der WCAG mit den Stufen A und AA sowie zusätzlichen Anforderungen zur Pflicht.

Elemente zur Stärkung der Barrierefreiheit im Web
Elemente zur Stärkung der Barrierefreiheit im Web

Vorteile Barrierefreiheit erreichen

Die Konzentration auf die Barrierefreiheit einer Webseite bringt einige Vorteile mit sich:

  • Die Barrierefreiheit kann die Nutzbarkeit (Usability) von Websites für alle erhöhen, nicht nur für Menschen mit Behinderungen.
  • In vielen Ländern gibt es bereits Gesetze, die vorschreiben, dass Websites für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein müssen.

  • Außerdem sind Websites, die für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind, auch für Suchmaschinen oft besser erfassbar und so in den Suchmaschinenergebnissen (SERPs) oft besser platziert (Ranking).

  • Ein weiterer Vorteil der Konzentration auf die Barrierefreiheit einer Webseite ist, dass Organisationen, die der Barrierefreiheit im Internet einen hohen Stellenwert einräumen, als integrativer und sozialer angesehen werden.

Nachteile Barrierefreiheit - muss das sein?

Neben den oben genannten Vorteilen hat die Optimierung der Barrierefreiheit der Webseite auch einige Nachteile, die berücksichtigt werden sollten:

  • Die Einrichtung barrierefreier Websites kann teuer sein, insbesondere für kleinere Organisationen.
  • Die Umsetzung von Barrierefreiheit im Internet kann eine Herausforderung sein und erfordert spezielle Kenntnisse und Erfahrungen.
  • Viele Webentwickler und -designer wissen nicht, wie wichtig Barrierefreiheit im Internet ist und wie man sie umsetzt.
  • Einige Website-Funktionen sind für Menschen mit bestimmten Behinderungen nicht zugänglich, was die Nutzererfahrung insgesamt einschränkt.

Basics Barrierefreiheit für Webseiten

1
Wahrnehmbarkeit

Ausreichende Farb-Kontraste, anpassbare Textgrößen bei gleichem Inhalt und Funktion, Alternativtexte für Grafiken, Beschreibung für Videos sind Beispiele.

2
Bedienbarkeit

Tastaturbedienbarkeit des Inhalts, eindeutige Linktexte, überspringbare Abschnitte, beschreibende, logische Überschriften, große Klickbereiche sind Beispiele hierfür.

3
Verständlichkeit

Formulare auch mit Tastatur bedienbar, klare Kennzeichnung von Feldern, Eingabefehlern, Korrekturmöglichkeiten, maschinell erkennbare Sprache, konsistente Bedienung, Navigation sind Beispiele.

4
Robustheit

Semantisch korrektes HTML, visuell logische Reihenfolge der Überschriften, klare Auszeichnung mit ARIA Landmarks sind Beispiele hierfür.

Man muss vorab im Detail definieren, an welchen Richtlinien und Anforderungslevels man sich orientieren will, muss und kann. Dabei ist zu bedenken, dass die höheren Anforderungen für Webseiten und Online-Shops nur mit erheblichem Aufwand, Know-how in Konzeption, Umsetzung und Befüllung realisierbar sind. Abweichungen vom Corporate Design sind dazu häufig unabdingbar, jedenfalls was Farben, Schriftgrößen und Abstände betrifft.

Robert Hartl

Best Practice Barrierefreiheit im Web

Wie können nun Webseiten für Barrierefreiheit optimiert werden? Wir haben einige Tipps und Tricks für gut zugängliche Webseiten zusammengeschrieben:

  • Die korrekte Verwendung von HTML-Tags kann dazu beitragen, Webinhalte für Menschen mit Behinderungen zugänglicher zu machen.
  • Alle Bilder sollten mit alternativen Textbeschreibungen (ALT-Texte) versehen werden, um sicherzustellen, dass Menschen mit Sehbehinderungen den Inhalt verstehen können.
  • Achten Sie auf einen ausreichenden Farbkontrast zwischen dem Text und dem Hintergrund, damit er für Menschen mit Sehbehinderungen lesbar ist.
  • ARIA-Attribute (Accessible Rich Internet Applications) können verwendet werden, um dynamische Inhalte besser zugänglich zu machen.
  • Stellen Sie sicher, dass alle Funktionen der Website allein mit der Tastatur navigiert werden können.
  • Sich wiederholende Bausteine sollen überspringbar sein, vgl. Skip Links bei Menüs, Inhaltsübersichten, Werbeblöcke, etc.
  • ...

Das sind jedoch nur grundlegende Verbesserungen. Die Anforderungen für "Barrierefreiheit" sind auch in kleineren Anforderungslevels deutlich höher.

Checkliste: Barrierefreie Webseiten

Die Anforderungen der WCAG 2.2 in den Stufen A und AA sind umfangreich. Darunter fallen insbesondere:

Wahrnehmbarkeit

  • Abstände nicht mittels Grafiken oder leerer Absätze.
  • Wichtige Inhalte nicht via CSS oder JS.
  • Auszeichnung dekorativer Elemente oder unsichtbarer Elemente, um von assistierender Technik ignoriert werden zu können.
  • Audio, Video mit Untertitel, Deskription.
  • Korrekte Seitenregionen inklusive ARIA-Auszeichnungen.
  • Textgröße via Browser auf 200 % anpassbar, Inhalt und Funktion bleiben.
  • Farbkontrast bei Text mindestens 4,5 zu 1 (außer größerer oder fetter Text), zu benachbarten Farben mindestens 3 zu 1.
  • Größerer Text, Zeichenabstand, Wortabstand und Zeilenabstand erhalten Inhaltsumfang und Funktion.

Bedienbarkeit

  • Inhalte mit Tastatur bedienbar.
  • zeitliche Begrenzungen sind anpassbar, pausierbar oder stoppbar.
  • Animationen über 5 Sekunden sind anpassbar.
  • Abschnitte wie Kopfbereich, Seitenleiste oder Inhalt sind überspringbar.
  • Deskriptive Seitentitel
  • Eindeutige Linktexte aus Linktext oder unmittelbarem Umfeld.
  • Link-Titel bietet zusätzliche Informationen zum Linktext.
  • Mindestens zwei von Menü, Inhaltsübersicht, HTML-Sitemap und Suche.
  • Focus-Status sichtbar mit ausreichend Kontrast.
  • Drag-Alternative mit Klick
  • Klickbereiche mindestens 24 x 24 Pixel oder Abstand rundherum mindestens 24 Pixel.

Verständlichkeit

  • Maschinell erkennbare Sprachauszeichnung.
  • Links öffnen in neuem Fenster nur, wenn unbedingt notwendig (Hilfe-Link in Formular, Datums-Wähler) und sind dann so eindeutig gekennzeichnet.
  • Konsistente Elemente, Navigation über alle Seiten.
  • Formulare inkl. Felder semantisch ausgezeichnet, Fehlermeldung klar als Text, Pflichtfelder und Eingabeformat klar gekennzeichnet, keine redundanten Eingaben, bei rechtlich relevanten Eingaben sind diese reversibel, nochmal geprüft oder bestätigbar.

Robustheit

  • semnatisch korrektes HTML.
  • visuell logische Überschriften-Hierarchie.
  • Icon-Fonts als Bild-Element ausgezeichnet.
  • iframe mit beschreibendem Titel.
  • Tabellen mit caption und summary.

Fazit Barrierefreiheit im Web

Der barrierefreie Zugang zum Internet ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass alle Menschen den gleichen Zugang zu Informationen und Diensten im Internet haben. Die Umsetzung der Barrierefreiheit im Internet birgt zwar einige Herausforderungen, bringt aber auch erhebliche Vorteile mit sich, z. B. eine bessere Benutzerfreundlichkeit, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und einen besseren Ruf. Bewährte Techniken wie die Verwendung von semantischem HTML, die Bereitstellung alternativer Textbeschreibungen und die Tastaturnavigation können dazu beitragen, Websites für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen.

FAQ Häufige Fragen zu Barrierefreiheit im Web

Was bedeutet barrierefrei im Internet?

Eine barrierefreie Webseite sollte von allen Besuchern ohne technische oder persönliche Einschränkungen gut genutzt werden können. Die Webzugänglichkeit umfasst nicht nur die Zugänglichkeit für Menschen mit physischen/psychischen Beeinträchtigungen, sondern die einfache Nutzbarkeit für alle Besucher der Webseite, um allen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen im Internet zu bieten.

Wie kann man eine Webseite barrierefrei machen?

  1. Die rechtlichen und praktischen Anforderungen ermitteln.
  2. Zu erfüllende Kriterien definieren.
  3. Alle oder zumindest typische Einzelseiten dazu überprüfen.
  4. Fehlende Kriterien nachbessern.
  5. Abschließende Prüfung
  6. Erfüllung zumindest der gesetzlichen Vorgaben.

Quellen, weiterführende Links

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